Projekte

Der Anfang war berauschend! Beflügelt von Hospitationen an Schulen, die mit innovativen Unterrichtskonzepten experimentierten, kehrte das Lehrerteam des Gymnasiums zu Steinweiler zurück – voller Tatendrang und mit Köpfen voller Ideen. "Selbstorganisiertes Lernen" sollte die fünfte Klasse erobern! Weg vom Frontalunterricht, hin zu eigenverantwortlichem, forschendem und projektbasiertem Lernen.

Wie emsige Architekten entwarfen sie Luftschlösser aus neuen Methoden, flexiblen Lernzeiten und individuellen Fördermöglichkeiten. Arbeitspläne wurden mit Hingabe erstellt, Lernateliers konzipiert, Evaluationsbögen entwickelt. Es war eine Zeit des gemeinsamen Träumens, Planens und Gestaltens.

Das erste Jahr glitt dahin wie ein Traum. Die Schüler blühten auf, die Motivation stieg, und die Lehrer genossen die neue Freiheit und den Erfolg ihres Konzeptes. Zwar war der Aufwand immens, doch die ersten Früchte der Arbeit entschädigten für alle Mühen.

Doch dann kam das zweite Jahr. Neue Schüler mit neuen Bedürfnissen stießen hinzu, neue Kollegen brachten ihre eigenen Vorstellungen mit ein. Und plötzlich waren sie wieder da: die alten Fragen, die alten Zweifel, die alten Konflikte. "Wie viel Freiheit ist zu viel Freiheit?", "Wie bewerten wir individuellen Lernfortschritt?", "Wie schaffen wir es, alle Schüler mitzunehmen?".

Die dicke Luft im Lehrerzimmer war mit Händen zu greifen. In den Teamsitzungen prallten Meinungen aufeinander, es wurde gestritten, diskutiert, gezweifelt. Man drehte sich im Kreis, immer wieder landeten sie bei den gleichen Themen, ohne zu einer gemeinsamen Lösung zu finden. Die anfängliche Euphorie wich Frustration und Erschöpfung.

Da kam die Rettung in Form eines Workshops mit dem Institut für digitale Bildung (i2d). "Prozessbeschreibungen" – das klang zunächst nach trockener Theorie und bürokratischem Ballast. Doch die Kolleginnen und Kollegen vom i2d zeigten ihnen, wie man mit klaren Prozessbeschreibungen Struktur in den Schulalltag bringen und Diskussionen versachlichen kann.

Zuerst fühlte es sich umständlich an, jeden Schritt genau zu definieren und festzuhalten. Doch dann merkten sie, wie hilfreich es war, gemeinsam klare Abläufe für die Planung, Durchführung und Evaluation des Unterrichts festzulegen. Die Prozessbeschreibungen wurden zu einem Kompass, der sie durch den Dschungel der unterschiedlichen Meinungen und Ansätze führte.

Endlich konnten sie sich wieder auf das Wesentliche konzentrieren: die Gestaltung eines lebendigen und motivierenden Lernumfelds für ihre Schüler. Die Prozessbeschreibungen gaben ihnen den nötigen Halt und die Sicherheit, um auch in stürmischen Zeiten gemeinsam den Kurs zu halten. Und wer weiß, vielleicht entstanden ja auf dem Fundament der Prozessbeschreibungen schon bald wieder neue Luftschlösser – diesmal aber mit einem stabilen Fundament.